Der Vetter Michel Schacht, benannt nach dem Erzgang unter ihm, gehört zum Himmelsfürster Bergrevier. Bedeutenste Grube in diesem Bereich war die Himmelsfürst Fundgrube, deren Anfänge Dietrich / Maruschke in ihrem sehr lesenswerten Buch “Die Grube Himmelsfürst” auf etwa 1596 beschreiben. Dieses wirklich gute Buch bezieht sich vordergründig auf Himmelsfürst als Grube und deren Entwicklung durch Zukauf anderer Gruben, so u.a. auch dem Vetter Michel Schacht.
Auf Grund fehlender Unterlagen kann der genaue Beginn der bergbaulichen Tätigkeiten in diesem Gebiet nicht über das Aktenstudium ergründet werden. Dietrich / Maruschke markieren in ihrem Buch “Die Grube Himmelsfürst” das Jahr 1387 für die Benennung der ersten Silbergrube im Brander Revier. Sie beschreiben weiter, dass bei Bergsicherungsarbeiten Keramiken gefunden wurden, die in Richtung erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert wurden. Daraus wird geschlossen, dass der Bergbau im “Brander Revier” noch deutlich älter ist als Aktenkundig derzeit belegt werden kann. Dieser These kann man sich aus meiner Sicht eindeutig anschließen. Nun ist es aber so, dass das “Brander Revier” (aus heutiger Sichtweise) nicht unbedingt mit dem Himmelsfürster Bereich gleich zu setzen ist. Die damalige noch nicht existierende Stadt bzw Siedlung “Brand” lag vermutlich auf dem Gebiet um den heutigen Markt in Brand-Erbisdorf. Himmelsfürst mag zu dieser Zeit als Bauernsiedlung existiert haben - oder auch nicht? (Siehe dazu unten den Ansatz “Alte Salzstraße”) Kein Mensch kann das aus heutiger Sicht genau sagen. Und genau darin verbirgt sich das Problem.
Insofern sei uns ab diesem Punkt hier gestattet, nur noch über das direkte Umfeld des Vetter Michel Schachtes zu sprechen. Allein das gibt genügend Rätsel auf. Wir wissen eindeutig, dass der Schacht der “2. Vetter Michel Schacht” ist und dieser zweite Schacht wurde 1796 ausgemauert. Das Teufjahr ist - zumindest mir - als solches nicht bekannt..
Nun haben wir mit diesem Wissen schon mal etwas in der Hand. Da dieser Schacht bis 1796 nicht (eindeutig) existiert hat, in wesentlich älteren Zeichnungen in der Nähe des heutigen Schachtes aber immer eine Haspel ohne Namen eingezeichnet ist, muss davon ausgegangen werden, dass der erste Vetter Michel Schacht (oder wie immer er hieß) in unmittelbarer Nähe liegt / sein müsste. Wir glauben, diesen ersten Schacht auch im August 2019 entdeckt zu haben, jedoch ist dieser derzeit nur äußerst schwierig erreichbar und seine volle Erreichbarkeit wird Monate oder gar Jahre dauern! Aber egal, in jedem Fall stimmt sein vermuteter Standort mit den Zeichnungen und Rissen recht gut überein. Wir wissen aber auch, daß die damaligen Risse nicht immer zu 100% genau sind.
Unabhängig davon haben wir in einem Endstück des Tauber-Stollns ein Stück Holz gefunden, was sehr tief im Wasser lag und so Jahrhunderte überdauern konnte. Dieses Holz habe ich in der UNI Dresden, Außenstelle Tharandt dendrochronologisch untersuchen lassen. Es ist eindeutig Fichte mit dem Fälljahr 1269. Und nun wird es interessant! Gefunden wurde dieses Holz in einer Gangendschaft des Tauber- Stollns, etwa 150 Meter vom Schacht entfernt. Der ursprüngliche 1. Schacht hatte (damals noch ohne hohe Halde) eine Tiefe von etwa 22 Metern. So kommt man auf die gesamte Distanz von ca. 170 Metern, die der Bergmann überwinden musste ehe er sein Holz in Form eines Stempels stellen konnte. Und jetzt wird gerechnet:
Damals kam der Bergmann in der Woche etwa 5 cm voran, 52 Wochen hat das Jahr. Er schaffte also (wenn diese Rechnung überhaupt stimmt) im Jahr 260 cm vorwärts, was 2,60 Meter sind. Wenn dies so stimmt, brauchte er also 65,38 Jahre ehe er an dem Fundort das Holz verbauen konnte! Rechnen wir zurück, also 1269 gefällt minus 65,38 Jahre, dann kommen wir auf das erstaunliche Jahr 1204! Und das ist gerade ein mal 36 Jahre nach dem ersten Silbererzfund in Freiberg (1168). ABER: Es ist nur eine Theorie! (Dieses Holz kann vorher ganz wo anders genutzt wurden sein und erst viel später wurde es als Stempel verwendet!)
Das Dorf Erbisdorf (Erlwinesberc) wurde erstmals 1209 erwähnt. Wohl gemerkt erwähnt, existiert haben dürfte es deutlich vorher. ABER: 1185 wurde das gleich daneben befindliche Örtchen Langenau das erste Mal urkundlich erwähnt! Und die Strasse (damals eher Weg) von Erbisdorf nach Langenau führte - damals ein wenig anders wie heute - dort entlang. Oder sie wurde irgendwann nach 1185 repariert / erweitert? So ist es also durchaus denkbar, dass beim roden der Bäume für den Weg (die spätere Strasse) Silber gefunden wurde! So abwegig ist dieser Gedanke also nicht. Das ist also eine durchaus sinnige Hypothese, die durch andere Jahreszahlen gestützt wird. Dennoch - und darauf verweise ich ausdrücklich - ist es nur eine Hypothese!
Denkbar ist aber auch eine Nebenstrecke der alten Salzstraße, die ohnehin über das damalige Christiansdorf (später Freiberg) führte und zum Pass bei Deutscheinsiedel führte. Diese damaligen Straßen wurden auf Wetterscheiden gebaut (also immer auf den jeweiligen Kämmen der Erhebungen) um so den dauerhaft aufgeweichten Wegen im Tal zu entgehen. In mehreren Chroniken findet man dennoch Aufzeichnungen über “bis zur Radtiefe ausgekerbte Wege” die dann natürlich irgendwann repariert bzw manuell ausgehoben werden mussten. (Daher übrigens auch der Begriff Hohlweg = ausgehöhlter Weg) Da die heutige B 101 bzw deren Verlauf zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte, führte der damalige Weg über die Höhe von Himmelsfürst - Gahlenz (Modellflugplatz) zur Lichte bei Großhartmannsdorf. Das erste Rittergut in Ober-Langenau soll eine damalige Schutzstätte der Salzstraße gewesen sein. Es ist durchaus denkbar, daß bei Reparaturarbeiten (mechanisches ausheben der Spuren) Silber (oder anderes Erz) gefunden wurde. Diese Hypothese ergibt auch Sinn, wird aber weder durch Jahreszahlen noch irgendwelche Akten gestützt. Im günstigsten Fall kann diese Hypothese aber mit der oben genannten Variante zeitlich zusammen treffen? Da die Salzstraße aber insgesamt etwa 2000 Jahre alt ist, kann man hier aber auch träumen und sich den wildesten Phantasien hingeben.
Unabhängig davon, ob eine dieser Hypothesen gerechtfertigt ist oder nicht ergibt sich noch ein anderer Fakt. Auf einigen sehr alten Zeichnungen sind im näheren Umfeld des Schachtes mehrere kleinere Gruben eingezeichnet. Dies ist für die Zeit kurz vor 1600 durchaus real. Wer diese Zeichnungen aber genau betrachtet, der findet darauf auch schon einige größere Halden, was zum nachdenken anregt. Wenn also bereits 1590 zur Planung des Kunstgrabens Halden im Gelände waren und der Graben diese geschickt umgeht, dann spricht dies für tatsächlich vorhandenen Altbergbau. Unbeantwortet bleibt aber auch hier, wie alt die Halden ursprünglich sind und von wann sie stammen. Da dies nicht im Ansatz bekannt ist, hilft hier auch das rechnen mit den 5 cm pro Woche nicht weiter. Allen ist aber wieder ein Punkt gemeinsam: die Nähe zur damaligen Straße!
Egal ob das jetzt alles so passt oder nicht! Für Biertischgespräche ist es durchaus eine Grundlage.
Und nochmals der Hinweis, alles ist weder belegt noch irgendwie recherchierbar! Es sind einfach nur Hypothesen !
Einen klaren Beweis gibt es derzeit nicht bzw. mir ist keiner bekannt. Was nach dem heutigen Stand der Geschichtsforschung aber nicht heißt, dass das nicht irgendwann anders wird?