Kopf Oben Fledi

Im folgenden Beitrag soll es nicht darum gehen, gestandenen Instituten und Büros die “Butter vom Brot” zu nehmen, sondern dem Befahrer und zugleich Liebhaber (neudeutsch Freak) von Fledermäusen (in Sächsisch “Fledi”) einen preiswerten Weg aufzuzeigen, wie er mit recht wenig Mitteln dennoch die Ultraschall rufe der “Fledis” erfassen und auswerten kann.

Ausgehend von der Tatsache, daß gute Technik zum Abhören von Fledermäusen sehr preis-intensiv ist und für den normalen Menschen kaum bezahlbar, habe ich mir paar Gedanken gemacht wie man das ohne tausende Euros ausgeben zu müssen machen könnte. Zwar gibt es im Handel simple Geräte zu kaufen, die die Ultraschall-Rufe der Fledermäuse hörbar machen, aber eine Artbestimmung ist damit nicht möglich. Simple Aufzeichnungsgeräte kosten schon 1600 Euro, bessere Geräte mit größeren Akkus kommen schon mal 3200 Euro. Damit hat man aber nur “nicht anerkannte Geräte” und die Aufnahmen können nur Privat verwendet werden. Der geneigte Befahrer wird das weder ausgeben wollen, noch derart hohe Werte zur Befahrung im Schlamm und über harte Felskanten mitnehmen wollen. Das tut er nur, wenn er nicht mehr klar im Kopf ist oder von Oma unendlich viel geerbt hat. Richtige Profigeräte kosten sehr deutlich mehr, ab 8000 Euro fängt der Spaß an, Ende ist bei 32000 Euro für ein Komplettsystem.

Also, was hat der geneigte Befahrer so schon, was er dann dafür gebrauchen könnte? Na klar, ein Handy! Am besten mit Android-Basis ab 4.0, das reicht völlig! (Über iOS reden wir weiter unten)

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Dann braucht er noch ein Ultraschall-Mikrofon, ein ordentliches.   Dodotronic bietet mit seinem “ULTRAMIC 250” ein  ordentliches Mikro mit integriertem Verstärker an, ab 320 Euro zu haben. In der Bucht gelegentlich auch deutlich preiswerter, ebenso auf anderen Plattformen mit Gebrauchthandel. Ein OTG-Kabel zum Verbinden des Mikros mit dem Handy gibt es eigentlich zum Handy dazu, ansonsten eben nochmal die 3 Euro ausgeben. Und dann fehlt noch die richtige App! Im Play-Store einfach nach “Bat-Recorder” von Bill Kraus schauen. Die kostet 6,49 Euro und ist ihr Geld wert! Sie gibt es in mehreren Sprachversionen, u.a. auch in Deutsch. Besonders gut ist, dass man mit einem Mal bezahlen mehrere dieser Apps (über sein google-Konto) downloaden kann. Und dann kann das auch schon losgehen:

 

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Die App zeigt bei angeschlossenem Mikro dieses: 1.) Die Frequenz von 0 bis 120 KHZ, 2.) Die gelaufene Zeit in Sekunden, 3.) Die Fledermaus-Rufe in ihren einzelnen Sequenzen und natürlich auch 4.) Die üblichen Geräusche im unteren Frequenzbereich. So zeigt sich die App und das ist auch alles was man braucht. Oben links, das weiße Viereck, ist der Aufnahmeknopf. Diesen antippen und die Aufnahme beginnt, aus dem weißen Viereck wird ein roter Kreis. 

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Das weiße Dreieck oben links zeigt an, dass eine bereits aufgenommene Aufnahme abgespielt wird. Wie beim guten alten Videorecorder. Im Frequenzbereich um 30 Kiloherz sieht man jede Menge Fledermaus-Rufe, in dem Fall eine Zwergfledermaus. Sie jagd gerade Mücken! Der Pfeil zeigt an, wo sie Beute gemacht und eine Mücke erwischt hat. Man kann also nachverfolgen, wie Erfolgreich die beobachtete Fledermaus ist. Und dann kommt der wichtige Fakt noch dazu: Jede Mücke die von einer Fledermaus gefressen wird, sticht keinen Menschen mehr!!! Dessen müssen wir uns immer bewußt sein!

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Dieses Bild zeigt uns etwas besonderes, nämlich eine Störung! Der breite Pfeil zeigt eine rhythmische Störung im Ultraschallbereich zwischen 30 und 50 Kiloherz (in dem Fall ein Heuwender der Landwirtschaft). Der kleine Pfeil zeigt den typischen “Haken” einer Nordfledermaus im Bereich um 48 bis 58 Kiloherz.

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Hier haben wir 2 Nordfledermäuse, die ihre Ruffrequenz von ganz allein um einige Kiloherz verändern - um sich gegenseitig nicht zu stören! Und das alles ohne Chef, ohne langfristige Planung, ohne Lehrgang, ohne Fördermittel, sondern einfach so. Wie genial doch die Natur ist!

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In diesem Bild sieht man einfach nur diverse Störungen im Ultraschall-Bereich. So etwas kommt unter Tage nicht vor, keine Sorge! Hier zum verstehen der Sache eine Aufzeichnung von einem Teich, in dessen Umgebung eben landwirtschaftliche Maschinen fahren. Daß keine Fledermaus-rufe dabei sind, erkennt man an den breiten, recht gleichmäßigen Streifen der Störungen.

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Jetzt wird es interessant! Hier sind drei Fledermäuse aktiv und hinterlassen ihre Rufe. Die Zwergfledermaus mit ihren 25 Kiloherz und den markanten Dreiecken rechts. Bei 50 Kiloherz mit dem typischen Haken unsere gute Nordfledermaus. Sie fliegt aber gerade weg vom Mikro und daher werden ihre Rufe  immer schwächer. Oben, bei 60 Kiloherz, gibt sich eine Wasserfledermaus die Ehre und fliegt in etwa 50 Meter vorbei.

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Auf diesem Bild ist ein recht seltener Gast zu sehen: Die Mops - und Langohrfledermaus sind beide da. Markant sind ihre hohen Streifen bei den Rufen und der extrem kurze Abstand der Rufe. Zwischen Sekunde 47,5 und 48,0 erwischt sie auch eine Mücke.  Gut, wie erkennt man nun diese Rufe bzw. wie wertet man die aus?  Die App kann das nicht, aber ein kostenloses Programm kann das!

Die schweizer Firma ELEKON stellt viele Aufnahmegeräte der Serie Batlogger her. Sie stellt für diese und alle anderen Gerät mit Aufzeichnungen im wav-Format eine kostenlose Auswertesoftware mit dem Namen BatExplorer zur Verfügung. Mit dieser Software lässt man seine vorher gemachten Aufnahmen einfach automatisch auswerten.

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Diese Software wertet automatisch aus, bietet rechts oben die gefundenen Arten an und gibt die Prozentzahl der Sicherheit mit an. In dem geöffneten Fenster kann man - falls man dem Programm nicht traut - noch die vermuteten anderen Arten mit abrufen und die jeweiligen Prozente der Treffersicherheit mit ansehen. Und irgendwann erkennt man dann diese und jene Rufe am Bild von allein. Das ist das gute am Programm, es zeigt alle Kriterien wie Frequenz, Ruflänge und Häufigkeit an, den einzelnen Ruf kann man sich vergrößern lassen. Und damit merkt man sich recht schnell gewisse besonders auffällige Rufe.

Dieses kostenlose Programm hilft einem also dabei, bestimmte Rufe relativ schnell selbst zu erkennen. Und genau das macht es so gut!

Das kann man mit einem Handy oder Netbook auf Android-Basis machen, die Kosten liegen bei maximal 350 Euro. Bestimmend dabei ist der Preis für das Mikrofon. In Verbindung mit einem Handy taugt diese Version für unter Tage durchaus, es ermöglicht zumindest für mehrere Stunden das Überwachen eines Stollns oder Schachtes. Man kann es bei Arbeiten im Stolln direkt mit vor Ort nehmen, es hinlegen oder aufhängen und dort ohne Aufsicht aufnehmen lassen! Ein Hauptvorteil! In Verbindung mit einem Tablett und externer Stromversorgung kann man Stolln (Schacht)eingänge langfristig abhören. Entscheidend ist hier die Größe des Speicherchips. Die App verfügt über einen Trigger und startet bei Erkennen eines Ultraschallrufes von selbst. Diese Parameter sind alle einstellbar. Es ist die von mir verwendete und favorisierte Version!

Der geschätzte Nutzer eines Handys mit iOS-Basis kann aber auch ein System nutzen, was es neuerdings auch für Android gibt. Aber die Regeln sind etwas anders!

 Echo Meter Touch 2 - iOS

Die amerikanische Firma “Wildlife Acoustics” brachte das Echo Meter Touch 2 in 2 Versionen auf den Markt. 219 Euro muss man für die Standardversion berappen, die Version “Pro” mit rauschärmeren Verstärker und internen Filtern kommt dann schon auf 380 Euro. Beide Geräte sind Ultraschallmirkrofone mit eingebauten aber unterschiedlichen Verstärkern. Beide brauchen ein Handy mit iOS oder Android-Oberfläche. Die dazu gehörige App mit dem hübschen Namen “Echo Meter Touch Bat Detector” kann man kostenlos downloaden. So weit - so gut.

Nun ist es so, daß diese Version von Mikrofon in Verbindung mit der App nicht auf allen Handys läuft und man sich zunächst mal die Kombatibilitätsliste des Herstellers zu Gemüte führen muss. Man wird ganz schnell feststellen, dass dann die so genannten “Outdoor-Handys” mit Spritzwasserschutz nicht mit dabei sind. Das macht die Sache direkt für unter Tage weniger sinnvoll. Aber selbst da könnte man sich mit einer USB-Verlängerung und einem Gehäuse noch helfen.

Nur macht die App dankenswerter Weise eine echte Echtzeitanalyse der Rufe und zeigt die bestimmte Art direkt an! Wenn dann Handy samt Mikro in einer Kiste liegen ist der wirkliche Effekt verpufft! Und hier liegt das Problem! Diese Version zeigt dem Nutzer sofort (bei Rufen mit mindestens 4 Sekunden Dauer) die vermutete Fledermausart an, was seinen klaren Vorteil hat. Zum anderen betont der Hersteller immer wieder, dass diese Ruferkennung nur mit maximal 70 %iger Sicherheit abläuft. Alles andere wäre auch übertrieben. Aber gerade wenn aus Feuchtigkeitsgründen alles extra verpackt werden muss, dann nützt mir als Nutzer die Echtzeitanalyse nichts, weil ich sie nicht sehe!

Die App schwächelt auch wenn mehrere verschiedene Arten auftauchen und die interne Ruferkennung an ihre Grenzen kommt. Das ist der große Nachteil der App. Von Vorteil ist nun wieder die Aufnahmefunktion und man kann - Daueraufnahme voraus gesetzt - aufnehmen bis der Speicher voll ist. Eine Triggerfunktion gibt es derzeit leider noch nicht, soll aber auch noch kommen. Dann wäre das System schon sinnvoller! Man kann also alles aufnehmen und diese Aufnahmen dann wieder in das oben genannte kostenlose Programm “Bat-Explorer” zum Zwecke der Auswertung einspielen. Damit erübrigt sich dann auch die Echtzeitanalyse. Und dann ist da noch was zu beachten:

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Die App arbeitet derzeit nur in einer englischen Sprachversion, was ansich nicht schlimm ist. Aber dadurch werden auch der Arten der Fledermäuse in Englisch angezeigt, was den deutschen Nutzer erst mal vor gewisse Probleme stellt. Selbst wenn man gut Englisch kann muss man bei den angezeigten Namen erst mal umdenken. Das kostet - für den Fall der Echtzeitanalyse - dann doch Zeit. Und wenn die erkannten Arten angezeigt werden, dann ist mit der Realzeitbeobachtung erst mal Ruhe, denn die Arterkennung überdeckt das gesamte Display. Mann kann es wegdrücken, aber auch das kostet wieder Zeit. Das lässt sich alles im Menü einstellen, Ruferkennung oder nicht, Realzeit oder nicht -> am Ende aber entscheidet der Einsatzort- und Zweck was sinnvoll ist. Eine echte Langzeitüberwachung (z.B. eines Mundloches) ist mit dieser Version derzeit noch nicht möglich. Und da scheiden sich die Geister.

Allerdings ist diese Version sehr sinnvoll und preiswert, wenn man nur mal Abends am Mundloch wissen will wer denn da so rauskommt! Speziell mit Kindern hat das seinen Reiz und die erzieht man dann ganz zeitig zu Fledermaus-Freaks, was seinerseits nur gut ist. Die erkannten Arten lassen sich samt GPS-Daten sofort teilen und damit weiß die Ehefrau Elfriede umgehend wo ihr Mann Heinrich gerade ist und was er macht. (Weil Ehefrau Elfriede nicht sieht, dass ihr Mann Heinrich seine heimliche Freundin Mandy-Jaqueline mit dabei hat :-) )Das hat was positives an sich - sofern diese Funktion nicht mißbraucht wird. Denn wenn man das den falschen Leuten zukommen lässt, dann wissen die sofort wo das vorher geheime Mundloch ist! Also dafür ist das System gut, direkt unter Tage kann man es nur eingeschränkt nutzen. Und dennoch: Mit diesem System ist man weit unter 1600 Euro für ein fertiges gekauftes System! 

Es gibt noch eine weitere Möglichkeit mit einem Raspberry Pi, die aber auch Kosten verursacht und letztlich auch ein Ultraschallmikrofon benötigt. Hinzu kommt, dass man für den Raspberry Pi auch Strom braucht, den man in Form eines Akkus mit unter Tage schleppen muss. Wer auf sowas steht und die Ader dafür hat, dem empfehle ich nach “bat-pi.eu” zu suchen. Dort wird der Suchende fündig und kann sich belesen.

Alle anderen können sich auch belesen und finden hier nochmals eine Zusammenfassung aller Systeme. Allerdings wird auf dieser Seite nur der “normale Nutzer” am abendlichen Teich angesprochen, aus Sicht des Befahrers gibt es da keinerlei Bewertung. Genau deshalb gibt es diese Seite hier!

Zusammen gefasst kann ich der Kombination Android-Handy (oder Tablet) mit Dodotronic-Mikro eindeutig den Vorzug geben! Diese Kombination kostet zwar mehr Geld, geht aber für jedwede Rufaufzeichnung von Fledermäusen! Ob abends am Fenster, ob am Teich, ob am Mundloch oder gar unter Tage, es funktioniert immer! Durch die externe Rufauswertung hat man keine sofortigen Ergebnisse, damit kann man aber leben. Im übrigen kann man der App bestimmte Rufe lernen und diese Rufe den jeweiligen Arten zuordnen, so daß die App auch eine sofortige Rufanalyse kann! Nur habe ich mir dafür noch nie die notwendige Zeit genommen.

Die Kombination iOS-Handy mit Echo Meter ist mehr für über Tage gedacht und für ganz ungeduldige bietet diese Kombination eine sofortige Rufauswertung. Allerdings ist auf Grund des geringen Feuchtigkeitschutzes die Einsatzfähigkeit unter Tage stark eingegrenzt und die Rufanalyse ist laut Beschreibung “beim verlassen von Schlafplätzen nicht sinnvoll anwendbar”. Ganz einfach, weil sie nur Jagdrufe analysiert und mit normalen Orientierungsrufen nichts richtiges anfangen kann.  

Der geneigte Befahrer (oder nur Fledermausfreund) muss nun nach seinen Wünschen abwägen was für ihn sinnvoller ist!

Ich habe hier nur Erfahrungen beschrieben und dazu natürlich markenrechtlich geschützte Namen verwendet. Wer sich über das Thema mit mir austauschen will, der kann das gern tun, im Impressum findet man meine Mail. Für freundliche Hinweise bin ich dankbar, für sachlichen Erfahrungsaustausch bin ich zu begeistern.

Zum Abschluß erlaube ich mir noch einen Hinweis: Es gibt Fledermausarten, die benötigen zum Überwintern einfach alte Kellerräume oder eben Stolln und / oder Schächte. Man sollte deswegen diesen Tierchen ihre Ruhe gönnen. Zum anderen heißt das im Umkehrschluß, dort wo bestimmte Arten zugegen sind, dort gibt es im Umfeld auch offene Schächte / Stolln! Der geneigte und intelligente Befahrer muss das nur wissen und kann so - Dank der Tierchen - durchaus noch ein unbekanntes “Loch” finden. Dessen sollte man sich durchaus bewusst sein und die Fledermäuse nicht nur als nettes Beiwerk betrachten. Sie haben ihren geschützten Status verdient und der Befahrer sollte das bitte verinnerlichen.

Es gilt der bereits oben erwähnte Grundsatz: Jede Mücke die von einer Fledermaus gefressen wird,  kann mich nicht mehr stechen!  

Und da die hiesigen Mücken neuerdings auch die blöde Borreliose sowie das noch blödere West-Nil-Fieber übertragen, ist jede Fledermaus pures Gold wert!